02.04.2023
 

Leidenschaft, Kampf, Euphorie, hitzige Wortgefechte, überkochende Emotionen; und dann zog ich die Türe hinter mir zu und verabschiedete mich zum Treffpunkt. :)

Denn an diesem Sonntag lockte die Neuauflage des seit Jahren ähnlich gearteten Duells SC Deining gegen die SG Baiernrain/ D’zell II die Prominenz in den Schmotz-Wasser-und-Wärme-Park. Zum dritten Mal in der laufenden Saison, jedoch zum ersten Mal im Rahmen der neu geschaffenen Meisterrunde gaben sich die beiden Kontrahenten die Ehre und erhofften sich neben Ruhm und Ehre drei Punkte im Wettstreit um den Aufstieg. Und obwohl die Bilanz der jüngeren Vergangenheit in diesem Aufeinandertreffen deutlich für die Gastmannschaft sprach, wurde im Kreise der Heimmannschaft, nicht zuletzt aufgrund des überraschenden Deininger Auswärtssieges in Deisenhofen zum Start der Meisterrunde, ein Duell auf Augenhöhe erwartet. Ein Kader bestehend aus 18 Mann, die Aussicht auf einen Derbysieg, das potenzielle Vorbeiziehen an einem unmittelbaren Konkurrenten, ein ausgelobter Anreiz in Form von Flüssignahrung sowie der Geburtstag von Legende Norbert „Koks“ Strobl lieferten Gründe genug, dem Anpfiff um 15 Uhr positiv entgegenzufiebern und dem geschichtsträchtigen Datum des 02.04. ein weites Großereignis in die Chronik der Welthistorie hinzuzufügen.

Der 2. April bezieht seine Bedeutung nämlich nicht nur aus dem Wiegenfest des Deininger Aufstiegstrainers, sondern auch aus weiteren, ähnlich lang zurückliegenden Ereignissen: am 2. April 568 fallen die Langobarden in Norditalien ein und erheben Gisulf den Ersten zum Herzog von Friaul, am 2. April 1814 erklärt der französische Senat Napoleon Bonaparte für abgesetzt und am selben Datum, 44 Jahre davor, erblickt der deutsche Rittergutsbesitzer und Politiker Carl Friedrich Wilhelm August von Ziegler und Klipphausen in der Oberlausitz das Licht der Welt. An dieser Stelle beiden Urgesteinen alles Gute!

Die Voraussetzungen für einen epischen Heimsieg konnten kaum besser sein und sogar die katholische Kirche ließ es sich nicht nehmen, den Palmsonntag auf diesen Derby-Tag zu legen, um die Deininger mit frischen Palmbuschen vor Baiernrainer Blitz, Feuer, Krankheit und Unglück zu schützen. In Andacht des Einzuges Christi, dem Sohne Davids, in Jerusalem unter Hosanna-Rufen begrüßten die Fans den Einzug ihrer Bacher-, Schmotz- und Bauer-Söhne auf das Spielfeld. Dieses bildete jedoch zunächst die Kulisse für einen traurigen Anlass: dem kürzlich und überraschend verstorbenen langjährigen Vereinsmitglied Helmut Lernhard wurde im Rahmen einer Schweigeminute gedacht. Mit ihm verabschiedet die Gemeinde einen geliebten Menschen, der über sein aktives Wirken in den Vereinen hinaus in Deining tiefe Spuren hinterlässt. Ruhe in Frieden, Helmut.

Der Pfiff des Schiedsrichters im Anschluss an das stille Gedenken zwang die Akteure jedoch, ähnlich wie mich nun, den Fokus wieder auf das Spiel zu lenken. Cheftrainer „UWa“ schickte seine Mannen im mittlerweile gewohnten 4-1-4-1 aufs Feld und veränderte seine Startelf in Anlehnung an eine alte Fußballweisheit minimalst möglich gegenüber der Elf vom Sieg über Deisenhofen. Aus einer kompakten Grundordnung und mit eng stehenden Viererketten wollte er die Gäste zu langen Bällen zwingen und so gefährliche Umschaltmomente des Gegners minimieren. In der Anfangsphase des Spiels wurde dieser Ansatz das ein oder andere Mal auf die Probe gestellt.

Zwar funktionierte der Plan dahingehend, dass Baiernrain relativ ideenlos mit langen Bällen operierte, allerdings ließ die Deininger Defensive zunächst etwas Sicherheit im Umgang mit diesen Vertikalzuspielen vermissen, sodass zwei, drei gefährliche Situationen entstanden, bei denen es jedoch den Gästen ihrerseits an der nötigen Kaltschnäuzigkeit mangelte. Und da sich vor dem D’zeller Tor parallel dazu die Chancen häuften, änderte Sebastian Unterholzner nichts Grundlegendes an der Ausrichtung, sondern beschränkte sich darauf, in regelmäßigen Abständen die Grenzen seiner Coachingzone so zu behandeln wie ein Pubertierender auf Klassenfahrt die Alkoholverbote des verantwortlichen Lehrkörpers.

Nach und nach stabilisierte sich das Deininger Spiel defensiv und die Offensive näherte sich immer mehr dem Führungstreffer an. Und tatsächlich ließen sich die Youngster Maxi Bacher und Lukas Schmotz nicht lange bitten und vollendeten eine sehenswerte Kombination im Anschluss an einen Einwurf zum 1:0. Am Ende war es Bacher, der den Ball aus etwa 15 Metern in halbrechter Position humorlos, mit Zug und Effet, ins lange Eck beförderte. Dieses Tor stellte die Initialzündung für sehr souveräne 20 Minuten der Hausherren dar, die sehr ausbalanciert ein ums andere Mal gefährlich vors Gäste-Tor kamen ohne gleichzeitig Gegenstöße zuzulassen. In dieser Phase verpasste es die Heimelf die Führung frühzeitig auszubauen und für klare Verhältnisse zu sorgen.

Und so kam es, wie so häufig im Fußball, zum sprichwörtlichen Ausgleich „aus dem Nichts“. Abwehrrecke Michael Bauer sah sich nach gut einer halben Stunde genötigt, die Standfestigkeit des gegnerischen Stürmers zu überprüfen, indem er ihm innerhalb des Strafraumes eins seiner übermenschlich langen Beine stellte. Ergebnis des Tests: Gegner fiel, Schiedsrichter pfiff, Zuschauer raunten, Markus Repert akkupunktierte den Elfmeterpunkt, gegnerischer Spieler trat an, traf, 1:1. Ein Nackenschlag.

Doch wer dachte, dass das Spiel nun kippen könnte, hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Unter steter Anfeuerung der Deininger Ultras kämpften sich die Mannen um Kapitän Jonas Meier zurück und behielten das Heft des Handelns in der Hand; und das, obwohl Sebastian Unterholzner die Forderungen der Fans ignorierte und Manuel Füßl nicht ins Spiel brachte: Vorbehalte gegen den italienischen Fußballer? Private Querelen? Das Auswechselverhalten des Coaches dürfte jedenfalls in Zukunft genauer beäugt werden.

Dass die kritischen Stimmen im Umfeld zunächst verstummten, lag kurz vor der Halbzeit an einem schönen Spielzug der Deininger, an deren Ende Moritz Bauer knapp am Tor vorbeizielte. Man möge an dieser Stelle einwerfen, dass die Satzteile des vorangegangenen Satzes scheinbar kausal nicht zusammenhängen können. Denn was sollte „UWa“ mit einem vorbeigeschossenen Torabschluss des auskurierten Spielmachers anfangen können? Die Antwort auf dieses Paradoxon lieferte der Gäste-Keeper, der sich beim Herauslaufen an die Möglichkeit erinnerte, Moritz Bauer beim Schussversuch umzurennen. Eine gute Wahl aus Sicht der Hausherren, da auch hier auf Strafstoß entschieden wurde. Kapitän Meier trat an und knallte (eine andere, filigranere Beschreibung für diesen Abschluss hätte diese gewaltvolle Behandlung des Balles nicht verdient) das Spielgerät rechts oben ins Tor: 2:1.

Unter dem Jubel der Deininger ging es direkt zum schmackhaften Pausentee, den Markus Demmel zum Anlass nahm, noch ein wenig länger Platz zu nehmen. Coach Unterholzner wechselte nämlich und brachte anstelle des erfahrenen Offensivmannes Maxi Heimrath, um den Druck auf die Baiernrain/D’zell-er hochzuhalten. Eine Maßnahme, die sich zumindest nicht unmittelbar auszahlen sollte: direkt nach Wiederbeginn erzielten die Gäste nach einer Standardsituation aus dem Gedränge heraus den erneuten Ausgleich: 2:2.

Das im Sportjargon viel zitierte Momentum drohte zu kippen, da die Gäste nun Oberwasser bekamen, ehe der Schiedsrichter ein drittes Mal auf den Elfmeterpunkt zeigte. Erneut war es Moritz Bauer, der von den Beinen geholt wurde und die „Bauer’sche Elfmeterbilanz“ (eine Kennzahl, berechnet aus dem Verhältnis von herausgeholten zu verursachten Strafstößen) am heutigen Tage auf 2:1 stellte. Wieder übernahm der Kapitän die Verantwortung; diesmal mit gegenteiligem Ausgang: anstatt hart nach rechts oben zu schießen, zielte Meier diesmal weniger hart nach links unten, und anstatt zu treffen, hielt diesmal der D’zeller Schlussmann.

Infolgedessen entwickelte sich ein offener Schlagabtausch, bei dem die Deininger Kräfte zwar zusehends nachließen, das Kräfteverhältnis allerdings durch beständige Wechsel aufrechterhalten werden konnte. Sowohl die Hausherren als auch die Gäste hatten mehrere Chancen, nun den finalen Schlag zu setzen. Doch weder den Mannen in rot noch denen in grün sollte heute mithilfe von Fortuna ein Sieg beschieden werden. Und so blieb es nach einer rassigen Partie beim 2:2 Endstand, welche die Deininger in den letzten Minuten dezimiert bestritten. Vermutlich einfach nur deshalb, weil Moritz Bauer noch nicht oft genug erwähnt wurde in diesem Spielbericht. Typisch Spielmacher!

Fazit: Ein Unentschieden, das keinem so recht weiterhilft, allerdings auch nicht allen Träumen ein Ende setzt. Im Hinblick auf den Spielverlauf aus Deininger Sicht ein ärgerliches Ergebnis, da ein Sieg mehrfach im Spiel realisierbar gewesen wäre. In der ersten Halbzeit verpasste es der SCD, höher in Führung zu gehen und darf sich schlussendlich glücklich schätzen, nicht noch 2:3 verloren zu haben. Positiv zu erwähnen sind die Moral, die Einsatzbereitschaft und die taktische Disziplin der Mannschaft, sowie die große Unterstützung durch den Anhang.

Franz G.

   
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